Regie: Věra Chytilová, Tschechische Republik 1966, 76 min., FSK 16, mit Jitka Cerhová, Ivana Karbanová u.a.
Tschechische Originalversion mit deutschen Untertiteln
Marie 1 und Marie 2 langweilen sich. Ihre Lieblingsbeschäftigung besteht darin, sich von älteren Männern ins Restaurant einladen zu lassen und sie dann schnell wieder abzuweisen. Sie sind es leid, die Welt als sinnlos zu empfinden, und beschliessen, das Spiel auf die Spitze zu treiben.
Er war in den 1960er Jahren schon Kult, der auf wunderbare Art verspielte Spielfilm der Tschechin Vera Chytilová, der unter den deutschen Titeln „Die kleinen Margeriten und Tausendschönchen“ lief und nach der Zerschlagung des Prager Frühlings verboten wurde. Zwei anarchische Frauen bringen so ziemlich alles durcheinander und am Ende auch sich selbst. Ein punkiges, feministisches, ungezügeltes und verrücktes Gedicht, das ebenso psychedelisch und poppig wie subversiv und gewagt ist. Ein bedeutender Film der Sixties!
“Der Film ist ebenso vergnüglich wie tiefsinnig und vieldeutig, es war einer der radikalsten und modernsten Filme, die in der ČSSR entstanden.” (Ulrich Gregor, Geschichte des Films)
Als Vertreterin der tschechoslowakischen Neuen Welle ist Vera Chytilová (1929-2014) die erste und de facto einzige Frau, die in der tschechischen Filmbranche zum Erfolg kam.
Ihre rebellischen Filme aus den 1960er Jahren machen nicht bei den Widersprüchen des real existierenden Sozialismus halt, sondern loten die Optionen eines künstlerisch subversiven Zugangs zur Realität aus. Während die Aufbruchstimmung der 1960er Jahre das Kino im Westen wie im Osten erfasste, polarisierten ihre ikonoklastischen Provokationen auf beiden Seiten der Berliner Mauer.
Aus der heutigen Perspektive erscheinen Revolte, Suche nach neuen Lebensformen, Widerstand gegen das politische Establishment oder formale Experimente als ein gemeinsamer Nenner der filmischen Neuen Wellen in Europa. Vera Chytilová gehörte zu den Gallionsfiguren dieses Aufbruchs, bezahlte dafür aber im Gegensatz zu ihren westlichen Kollegen einen hohen Preis. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings verschwanden Chytilovás Filme in den Giftschränken der Zensur, sie selbst wurde mit einem Berufsverbot belegt. (Quelle: edition text + kritik)
Mit Filmplädoyer von Theresa Roessler
Theresa Roessler ist seit September 2024 Leiterin des Westfälischen Kunstvereins in Münster. Sie tritt die Nachfolge von Kristina Scepanski an, die den Westfälischen Kunstverein elf Jahre lang geleitet hat.
Montag, 28. Oktober 2024 | Schloßtheater | 20:00 Uhr
Theresa Roessler, geboren 1992 in Halle an der Saale, studierte
Kunstgeschichte in Wien sowie Kunstwissenschaft, Medienphilosophie,
Kuratorische Studien und Ausstellungsdesign in Karlsruhe sowie
Kunsttheorie in Dublin. Sie war für zahlreiche Galerien, Kunstvereine
und Museen tätig, zuletzt als Kuratorin am Kunstverein Freiburg. Ein
Fokus dabei war die Auseinandersetzung mit Erinnerungspolitiken,
Archiven und Praktiken der Dekolonisierung. Außerdem kuratierte sie
freie Projekte. Kooperationen mit StadtgesellschaftRoessler übernimmt im Februar 2025, nach Abschluss der Projekte der
bisherigen Leiterin, das Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm in
Münster. „Der Westfälische Kunstverein soll auch mehr als 190 Jahre nach
seiner Gründung Ausdruck gesellschaftlichen Wandels sein und drängende
Fragen, Diskurse und Antagonismen unserer Gegenwart kritisch
reflektieren“, sagt die zukünftige Direktorin. Sie will unter anderem
regelmäßige Film-, Lese- und Gesprächsreihen in Kooperation mit
Organisationen, Vereinen und Bildungsinstitutionen in Münster
stattfinden lassen. Scepanski verlässt den Kunstverein im Juni 2024 nach
elf Jahren und wechselt in das Kulturamt der Stadt Münster.
(westfalenspiegel, 6.5.2024)